Polizei beobachtet den neuen "leisen Räuber'' - Überdurchschnittliche Aufklärungsquote
Innerhalb von fünf Wochen hat es sechs Überfälle auf Filialen der Landesbank Baden-Württemberg gegeben. Die Polizei ist von der Häufung überrascht. Es sei anscheinend Mode geworden, Kopf und Kragen zu riskieren, mutmaßt ein Polizeisprecher.
Von Rüdiger Bäßler
Der vorerst letzte Bankräuber betrat am vergangenen Freitag gegen 13.45 Uhr die LBBW-Filiale im Wilhelmsbau. Mit einer Pistole bedrohte er drei Kassiererinnen, bis er schließlich ein paar tausend Mark ausgehändigt bekam. Zu Fuß machte er sich auf und davon. Dem unmaskierten etwa 25 Jahre alten Mann scheint es egal oder nicht bewusst gewesen zu sein, dass er von der Bankkamera gefilmt wurde. Die Polizei hat ein gestochen scharfes Foto des Räubers. Noch ein Lächeln dazu, und es könnte als Bewerbungsfoto an einen Lebenslauf geheftet werden. Die Chancen des Täters, auf Dauer untertauchen zu können, stehen schlecht, das Geld wird ihm ohnehin nicht reichen, um ein völlig neues Leben an einem sonnigen Ort der Erde beginnen zu können.
Zwei Räuber, die am 23. Januar eine LBBW-Filiale in der Osterbronnstraße in Rohr überfallen haben, würden das bestätigen können, wenn man sie befragen könnte. Derzeit sitzen die Männer noch irgendwo im europäischen Ausland, ohne Geld und mit dem beunruhigenden Wissen, ins Netz deutscher Fahnder geraten zu sein. Erst hatten sie mehrere tausend Mark erbeutet, doch dann schlugen die Ereignisse über ihnen zusammen. Die Polizei ermittelte aufgrund präziser Zeugenbeschreibung die Identität der Räuber, durchsuchte innerhalb eines Tages Wohnungen mutmaßlicher Bekannter in den Landkreisen Waiblingen und Calw. Die "Vögel'' waren noch rechtzeitig ausgeflogen, doch die Beute hatten sie zurücklassen müssen. "Die kommen nicht sehr weit'', meint Polizeisprecher Dieter Topel. Irgendwann gehe ihnen das Geld aus, das sie noch bei sich hätten, dann müssten sie zurück nach Deutschland. Die Polizei sei "guter Hoffnung''.
Die Chancen auf reiche Beute sind schlecht, die Gefahr, ermittelt zu werden, groß. Warum gingen in den vergangenen Wochen trotzdem so viele Bankräuber das Wagnis Banküberfall ein? Topel hat keine ganz schlüssige Erklärung, spricht von einer "Modeerscheinung'', mit der man es zu tun haben könnte. "Wir hatten mal eine Zeit, wo es Mode war, Tankstellen zu überfallen.'' Die Tatsache, dass nun sechs Mal die LBBW-Bank überfallen wurde, hält der Polizeisprecher für Zufall. Die Pressestelle der Bank will sich mit Berufung auf laufende Ermittlungen zu den Fällen nicht äußern.
Für keinen Zufall hält die Polizei die Art und Weise, wie die letzten Überfälle vonstatten gingen. Die "leisen Räuber'' seien es, die sich mitten am Tag auf ihren Raubzug begäben. "Es ist nicht so, dass man ein paar Mal in die Decke schießt'', so Topel. Die Bankräuber sprächen wenig, stellten sich sogar in der Schlange an, schöben Zettel mit ihren Forderungen über den Tresen und hielten die Waffe verdeckt. Die Polizei schult auf Wunsch das Kassenpersonal von Bankinstituten. Das Wichtigste bei einem Überfall sei, weder sich selbst noch andere in Gefahr zu bringen. "Lieber das Geld hergeben, bevor etwas passiert'', rät Topel. Es sei ehrenwert, mutig zu sein, doch es habe schon fatale Folgen gegeben. "Eine Geiselnahme ist immer das Schlimmste, was passieren kann'', so der Polizeisprecher.
Die Aufklärungsquote bei Banküberfällen sei überdurchschnittlich gut, bekräftigt die Polizei. Und vor Gericht fallen die Strafen meist hoch aus. Dazu kommen zivilrechtliche Klagen - die Banken wollen schließlich ihr Geld zurückhaben. Topel wundert sich über die Hasardeure und warnt: "Leute, wir kriegen euch.''