Bankraub!?

Interview Stadtmagazin LIFT Stuttgart 10/2000
 

Va banque!

Der Tübinger Kulturwissenschaftler Klaus Schönberger hat eine Textsammlung zum Thema "Bankraub" herausgegeben. "Va Banque – Bankraub, Theorie, Praxis, Geschichte" ist das erste Kompendium, das sich mit diesem Thema auseinander setzt. Autoren wie Franziska Roller, Ralph Winkle, Tom Wolf u.a. gehen dem Phänomen nach. Wenn nicht Lottogewinn, dann wenigstens Banküberfall...
 
LIFT | Weshalb sind Tresore und Banken so interessant?
Schönberger | Weil sich dort im Übermaß das befindet, woran es den meisten Leuten mangelt.
LIFT | Und wir versuchen alle, da ranzukommen?
Schönberger | Sicherlich ist es für diejenigen, die ein entprechendes Bankkonto besitzen, einfach. Alle anderen müssen sich Gedanken machen, ob sie darauf verzichten wollen, oder wie sie auf andere Art und Weise in den Besitz des Inhaltes kommen können.
LIFT | Glauben wir TV-Krimis, sind Bankräuber dumme, gewalttätige, raffgierige Bösewichte...
Schönberger | Glauben wir der Statistik, dann haben wir es nicht oft mit professionellen Bankräubern zu tun, die Aufklärungsquote ist sehr hoch. Viele Bankräuber sind tatsächlich in Not geraten: Für die ist es dann das erste Verbrechen überhaupt. Bankräuber sind oft beliebt, weil sie Behörden und Banken ein Schnippchen geschlagen haben, die können regelrecht zu Volkshelden werden. Bankraub ist das einzige Delikt, das mit massenhafter Sympathie rechnen kann, weil es sich nicht gegen eine einzelne Person richtet.
LIFT | Welche Details sind Ihnen beim Studium aufgefallen?
Schönberger | Ganz wichtig ist die Mode bei Kleidung und Maskerade. Da gibt es schöne Details, unterschiedliche Ausführungen von Minimal Wear bis hin zu Einzelstücken. Die einen tragen bloß eine Sonnenbrille, andere haben extra angefertigte Masken, die sogenannte "Banklady" hatte eine Perücke, die in den sechziger Jahren damals schon 700 Mark kostete. Andere zeigen ihr politisches Anliegen, wenn sie mit einer bestimmten Politikermaske eine Bank überfallen, in den Achtzigern war der Innenminister Zimmermann sehr beliebt. Es gab Banküberfälle, bei denen brauchte niemand eine Maske, z.B. von Liliputanern, die nicht von der Kamera erfasst werden konnten, weil sie so klein waren, oder Bankräuber im Rollstuhl. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
LIFT | Wie steht Stuttgart im nationalen Vergleich?
Schönberger | Im Ranking steht Stuttgart nicht sehr weit vorne, aber ein berühmt-berüchtigter Bankräuber aus der Region, der sogenannte Hammermörder, verweist auf eine andere Besonderheit: Auch Hüter des Gesetzes sind oft in so was verwickelt.
LIFT | Wo steht der Bankraub im Jahr 2000?
Schönberger | Der durchschnittliche Bankraub liegt derzeit zwischen 15.000 und 30.000 Mark. Zu beobachten ist die anhaltende Tendenz raus aufs Land, weil dort die Polizeidichte geringer ist. Die Beute dann aber auch. Der Bankraub wird so lange nicht verschwinden, solange es verzweifelte Einzelpersonen und solange es Bargeld gibt.
LIFT | Der perfekte Bankraub – woran muss man denken?
Schönberger | Ich empfehle niemandem, eine Bank zu überfallen. Im Übrigen, wer von mir Tipps benötigt, sollte sowieso die Finger davon lassen, denn auch das Bankraub-Handwerk will erlernt sein. Und wer Banken ausrauben kann, braucht von mir keine Tips.

ABRA