02.11.05:
"Es gibt Terroristen in diesem Land"
Michael Dorn über New Orleans und die Kontinuität von Rassismus in den USA

Das CampusRadio Mainz hat Worf-Darsteller Michael Dorn Anfang Oktober am Rande der Convention Galileo Seven IX in Neuss interviewt. Auf die schleppend anlaufende Nothilfe für die überwiegend schwarzen Einwohner von New Orleans nach dem Hurrikan Katrina angesprochen, gibt Dorn einige engagierte Statements zum Verhältnis zwischen Rassismus und den "Krieg gegen den Terror" ab. Living Trekism hat zugehört und bringt euch die zentralen Zitate Dorns in eigener Übersetzung.

Redet nicht um den heißen Brei. Michael Dorn auf der Galileo 7.
Redet nicht um den heißen Brei. Michael Dorn auf der Galileo 7.
Dorn macht für die Tatsache, dass die USA es zwar fertig bringen, in kürzester Zeit 150.000 Soldaten in den Irak, aber keine 1.000 Helfer nach New Orleans zu bringen, zwei Ursachen aus: Die meisten Leute in New Orleans sind Schwarze und viele in New Orleans stehen wirtschaftlich am unteren Ende der Verteilungskette. "Zu sehen, was sie [die Regierenden in Washington, LT] getan haben, hat einem die Augen geöffnet. Ich denke, dass es das tun sollte. Und diejenigen, die sagen ‚Oh nein, das hat nichts mit Rassismus zu tun', haben keinen Verstand. Das sind echte Dummköpfe (deutsch im Original)."

Angesprochen auf die gefeierte Antirassismus-Episode aus DS9, "Jenseits der Sterne", in der Michael Dorn einen schwarzen Baseball-Star im New York der 30er Jahre spielt, winkt der Worf-Darsteller diskursiv ab. "Diese Art zu denken und zu schreiben [...] ist mittlerweile passé. Wir müssen darüber hinausgehen." Statt immer wieder die Vergangenheit zu durchleben, sollte man wissen und erkennen, wie Rassismus heute ein Teil unseres alltäglichen Lebens ist. Das kann uns dazu bringen, nach vorne zu blicken.

Dorn betont die Kontinuität von rassistischen Verhältnissen. "Mein Stiefvater ist über 90 Jahre alt. Für mich war sein Kommentar zur Wiederwahl von George W. Bush und den ‚Krieg gegen den Terror' die wichtigste Aussage, die ich gehört habe. Er sagte: ‚Weißt du, es gibt Terroristen in diesem Land.' Als Schwarzer, der in New Orleans lebt, ist er fast jeden Tag seines Lebens terrorisiert worden. Und wenn du glaubst, das sei nur eine Analogie, dann ist das Blödsinn. Wenn man nur etwas gesagt hat oder nicht schnell genug vom Gehweg verschwunden oder für seine Meinung eingetreten ist, konnte man unter Umständen durchaus umgebracht werden. Einfach so, und niemand hätte etwas unternommen. Und das war zu der Zeit, als er aufgewachsen ist. Und jetzt ist es wieder so." Da es bis heute noch so ist, so Dorn, dass er als Schwarzer herabgesetzt wird, ganz egal, was er erreicht hat, oder wie er sich verhält, hat es um den aktuellen Rassismus zu gehen - in den USA und in der ganzen Welt (B. & W.).

Das CampusRadio bietet das gesamte Interview als MP3-Datei zum herunterladen an. Zum Weiterlesen empfehlen wir die scharfsinnige Hintergrundanalyse von Mike Davis, Kein Heimatschutz für New Orleans (auch in der englische Originalversion verfügbar). Weniger ausführlich und dafür politsch pointierter fällt das Interview mit Davis aus, das die Süddeutsche Zeitung Anfang September mit dem Stadtforscher und Historiker aus Kalifornien führte.