31.01.06:

"Krieg gegen den Terror" im Weltraum

Die Neuauflage von Kampfstern Galactica entert mit einem Post-9/11-Plot TV-Germany

Ein Bericht von Dirk Kretschmer

Kampfstern Galactica, die oft als billiger Star Wars-Abklatsch verkannte SciFi-Serie aus den 1970ern, hat 2003 eine Neuauflage erhalten. Zunächst mit einer 196-minütigen Miniserie debütierend, steuert die Serie derzeit in den USA sehr erfolgreich auf das Ende ihrer zweiten Staffel zu. Ab dem 1. Februar ist Battlestar Galactica, deren Erfolg nicht zuletzt auf ihren Post-9/11-Plot zurückzuführen sein wird, nun auch in TV-Germany auf RTL II zu sehen.

Neue Generation: Apollo & Starbuck.
Neue Generation: Apollo & Starbuck.
Die Serie setzt vierzig Jahre nach den Zylonenkriegen der Originalserie an. Das alte Schlachtross Galactica soll gerade dem Müllhaufen der Geschichte zugeführt werden, als sich die Zylonen mit einem vernichtenden Schlag gegen alle menschlichen Kolonien zurückmelden. Die Galactica wird (wieder) zum Führungsschiff der Überlebenden, die die Flucht vor der zylonischen Flotte mit Ziel auf die mythische dreizehnte Kolonie der Menschen, der Erde, antritt.

Ronald D. Moore, der zusammen mit David Eick (American Gothic, Xena) den ursprünglichen Produzenten Glen A. Larson beerbte, war von Anfang an bewusst, dass die Galactica-Erzählung zwangsläufig mit dem 11. September 2001 in Zusammenhang gebracht würde. Der langjährige Star Trek-Autor wollte nach eigenem Bekunden eine Serie erschaffen, die sich zwischen den hehren Idealen von Star Trek und dem harten Moralpragmatismus des Militärs bewegt. Mit anderen Worten soll die emanzipatorisch-utopische Souveränität eines Captain Picard mit dem permanenten Kriegszustand unserer Gegenwart konfrontiert werden. Gegenüber dem New York Times Magazine umreißt Moore seine Prämisse mit eben jenen Fragen, die die Vereinigten Staaten seit der weltweiten Kriegserklärung von Präsident George W. Bush spaltet: "Was bedeutet es, in einer unter Angriff stehenden Gesellschaft frei zu sein? Was sind die Grenzen einer solchen Freiheit? Wer hat Recht? Wer hat Unrecht? Unterstützt man die falsche Seite?" Auf der interstellaren Mayflower bestimmt denn auch das Spannungsverhältnis zwischen dem militärischen Führer Commander Adama (Edward J. Olmos) und seinem politischen Pendant, der Präsidentin Roslin (Mary McDonnell), das Geschehen. In der Fliegerstaffel wird der für Sci-Fi-Serien ungewöhnlich ausgeglichene Geschlechterproporz mit Adamas sensiblen Sohn Lee (Jamie Bamber), auch "Apollo" genannt, und seiner taffen Kollegin Kara Thrace (Katee Sackhoff) fortgesetzt. Zum Schrecken der (ex-) pickeligen Altfans hört Kara auf den Kampfnamen "Starbuck", die sich wie einst Dirk Benedict Zigarre qualmend in Szene setzt.

Neue Generation: Modell Nummer Sechs.
Neue Generation: Modell Nummer Sechs.
Dass so mancher Fan nicht nur in Bezug auf seine Lieblingsserie einen schmalspurigen Strukturkonservatismus pflegt, offenbarte sich in dem Vorwurf an Moore, sich mit seiner Star Trek-Vergangenheit vor der Political Correctness zu verbiegen und damit das Gedenken an die Originalbesetzung zu beschmutzen. Aktive Fans der alten Serie hatten sich auf Initiative des vormaligen Apollo-Darstellers Richard Hatch bereits seit 1995 für eine Fortsetzung in strenger Kontinuität eingesetzt. So lehnte Hatch auch 2003 noch das Angebot Moores in Solidarität mit den Fans ab, dem neuen Projekt mit einem kurzen Auftritt in der Miniserie seinen Segen zu erteilen. Nach dem Erfolg der Premiere, die auch die meisten alten Fans mit der Neuauflage versöhnte, wurden sich Moore und Hatch schließlich auf dem Boden dieser Tatsache handelseinig. Moore schrieb dem Ex-Kampagnenchef Hatch die Rolle des Ex-Terroristen/Ex-Widerstandskämpfers Tom Zarek auf den Leib, der die Gruppe der Unzufriedenen in der Flüchtlingsgesellschaft der Galactica-Armada anführt.

Dass die Bezüge auf die Post-9/11-World keineswegs als Affirmation des schwarzweißen Weltbilds der Neocons in Washington angelegt sind, wird insbesondere mit Blick auf die Zylonen deutlich: Die grobschlächtigen Chromroboter, die sich dereinst gegen ihre menschlichen Schöpfer auflehnten und separierten, werden von einer neuen Generation menschlicher Replikanten mit religiös-fundamentalistischer Mission angeführt. Sie haben sich als "Schläfer" unter die Menschen gemischt und spitzen nach und nach in der Crew der Galactica die in den USA weit verbreitete Paranoia zu: Jeder Freund, jede Freundin kann "eine/r von Ihnen" sein. Ja selbst das politische und militärische Führungspersonal kann von den Zylonen unterwandert sein! Zu Recht werden in den Zylonen sowohl die in Washington einflussreichen Evangelikalen als auch Al Qaida wieder erkannt. Bushs politische Theologie ist bereits Legende und Osama bin Ladens Terror Inc. wäre wohl ohne die Aufbauhilfe Washingtons während der sowjetischen Besatzung Afghanistans undenkbar gewesen.

Romanze auf dem postapokalyptischen Caprica: Helo und Boomer-Replikantin.
Romanze auf dem postapokalyptischen Caprica: Helo und Boomer-Replikantin.


Während der ersten Staffel, die auf DVD bereits als UK-Import zu haben ist, bleibt dennoch offen, ob die Zylonen bloße Wiedergänger der "ungesetzlichen Kombattanten" (Bush) in den offiziellen und inoffiziellen Kerkern Washingtons abgeben oder zur subversiv-popkulturellen Thematisierung der selektiven Menschenrechtspolitik jenseits wie diesseits des Atlantiks taugen werden. Als feinfühliger Linksliberaler kommt man ganz schön ins Schlucken, wenn Girly-Wunder Starbuck "geeignete Verhörmaßnahmen" in Jack-Bauer-Manier an einem Replikanten exerziert und dabei lautstark dessen maschinelle Nicht-Humanität postuliert. Dagegen steht die Beziehung, die die Replikantin des Zylonenmodells Sharon "Boomer" Valerii (Grace Park) auf der zerstörten Kolonie Caprica mit "ihrem" Fliegerkameraden Helo (Tahmoh Penikett) eingeht, auf den sie das Zylonenkommando angesetzt hat. Die sich bald entwickelnden Gefühle zwischen den beiden beginnen sowohl ihre Loyalität zur unversöhnlichen Mission ihrer posthumanen Spezies als auch seine überlieferte Überzeugung in Frage zu stellen, wonach die Zylonen seelenlose Monster seien. (dk)

Battlestar Galactica, Miniserie am 1. & 3. Februar, Start der ersten Staffel am 8. Februar auf RTL II jeweils um 20.15 Uhr

Living Trekism veröffentlicht diesen Text in Zusammenarbeit mit liga6000 – frankfurt_digital.

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Offizielle Homepage

Homepage der Hatch-Kampagne

John Hodgman: Ron Moore's Deep Space Journey
Reportage The New York Times Magazine