13.06.05:

"Es ist eine Schande!"

Stimmungen und Stimmen aus dem Star Trek-Franchise zum Enterprise-Finale

Ein Bericht von Worfo K.

Während es unter Schauspielern und Altproduzenten Berman und Braga zum Ende der Serie zu deutlichen Verstimmungen kommt, skizziert Chefautor Manny Coto die unabgeschlossene Mission von Star Trek: Enterprise (ENT) und meldet Ambitionen auf einen Neuanfang an. Die ganze Stimmungslage im folgenden Bericht von Worfo K. [Überarbeitet am 26.06. Achtung Spoiler!]

Abschied von einer unvollendeten Mission: Scott Bakula, John Billingsley & Connor Trinneer.
Abschied von einer unvollendeten Mission: Scott Bakula, John Billingsley & Connor Trinneer.
In den Interviews, die die kanadische Scifi-Nachrichtensendung HypaSpace mit dem ENT-Cast während des Drehs von These Are the Voyages... führte, legen John Billingsley und Scott Bakula zwei unterschiedliche Wege an den Tag, das Ende der Serie zu kommentieren.

Scott Bakula ringt sichtlich nach den richtigen Worten, um den enttäuschten Hoffnungen des letzten Jahres Ausdruck zu geben und Gründe für das Ende zu finden. "Nun ja, irgendwie wussten wir ja, dass dies unser letztes Jahr sein könnte. Wir waren einigermaßen optimistisch weil wir eine wirklich gute Staffel hingelegt haben. Wir haben den Abend eines Senders ohne viel Hilfe eröffnet, und unsere Fans folgten uns." Bakula spielt hier auf die Verlegung der letzten Staffel auf den Freitag an, die ohne die sonst üblichen Werbemaßnahmen vorgenommen wurde. Ein Umstand, der deutschsprachige Trek Fans stark an den unengagierten Umgang von Sat.1 mit dem neuesten Star Trek-Spinoff erinnern dürfte.

John Billingsley hebt dagegen deutlich desillusioniert auf den Umstand ab, dass die Einschaltquoten in den letzten Jahren kontinuierlich magerer ausfielen. "Das Franchise hatte im letzten Jahr von The Next Generation (TNG) seinen Höhepunkt erreicht. Nach drei weiteren Serien ist, denke ich, einfach ein Punkt erreicht, an dem es mit Ausnahme des leidenschaftlichen Hardcore-Publikums - dem ich für sein engagiertes Eintreten für die Serie dankbar bin - diesen Hunger nach Star Trek so nicht mehr gibt. Und vielleicht wird das eines Tages wieder anders sein."

Connor Trinneer gibt in einem Interview mit der US-Programmzeitschrift TV-Guide zum Finale der Serie zu Protokoll, dass er schockiert und ein wenig verärgert sei. Der Trip-Darsteller hätte seinen Kollegen und sich "den großen M*A*S*H-Moment" eines tatsächlich denkwürdigen Abschieds gewünscht. Das Finale der zynisch-karlauernden Antikriegsserie um ein US-Feldlazarett im Vietnam-Krieg, die 1983 nach elf Jahren zu Ende ging, brach mit einer Einschaltquote von 77 Prozent alle Rekorde. Für Enterprise sei es nun zu einem Ende gekommen, so Trinneer weiter, das nicht mit den Intentionen der Autoren und Produzenten im Einklang stünde. Doch Trinneer hat seine Hoffnungen für Enterprise im Allgemeinen und für den im Finale effekthascherisch 'geopferten' Trip-Charakter im Speziellen keineswegs aufgegeben. "Spock starb in dem einen Star Trek-Film, um im nächsten wieder aufzuerstehen. Wir sprechen über Science Fiction, alles ist möglich."

Wermutstropfen Spacey Award: Scott Bakula & Jolene Blalock.
Wermutstropfen Spacey Award: Scott Bakula & Jolene Blalock.
Als Wermutstropfen zur Absetzung zählt ENT zu den großen Abräumern der diesjährigen kanadischen Spacey Awards. In Toronto nahm Scott Bakula stellvertretend für Enterprise den Preis für die beliebteste TV-Serie entgegen. Jolene Blalock wurde für ihre T'Pol-Rolle bereits zum dritten Mal als beliebteste TV-Darstellerin ausgezeichnet. "Dass die Serie zu Ende ist und nicht länger sein wird ist eine Schande und macht mich traurig", kommentiert Blalock, "aber dies ist ein ziemlich netter Weg es zu beenden."

Blalock war es auch, die These Are the Voyages... mit den Gaststars Jonathan Frakes (Riker) und Marina Sirtis (Troi) offensiv als "entsetzlich" kritisiert hatte. Gegenüber dem Dreamwatch Magazine weist Rick Berman, der zusammen mit Brannon Braga die Episode verantwortet, diese Kritik als nicht berechtigt zurück. "Die Stimmung [im ENT-Cast] war die, warum Charaktere aus einer anderen Serie zu bringen, wenn es um das Finale von Enterprise geht? Aber ich denke, wenn die Leute die Episode sehen und realisieren was wir wirklich in der Lage zu tun sind - nämlich unseren Charakteren den Respekt zu zollen wie wir es getan haben - wird das sehr positive Reaktionen für die Enterprise-Crew mit sich bringen."

Braga bringt Blalocks Kritik, die von vielen Fans geteilt wird, indes ein wenig Verständnis entgegen. "Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Episode unter normalen Umständen wegen des großartigen Konzepts dahinter für die meisten Leute als coole Folge empfunden worden wäre. Aber wenn es die finale Episode einer Serie ist, schlagen die Emotionen hoch."

In glücklicheren Tagen: Braga & Berman 2001.
In glücklicheren Tagen: Braga & Berman 2001.
Nicht erst seit der Ankündigung der Absetzung durch CBS (LT berichtete) hatten Berman wie Braga, die beide seit 1987 fürs Franchise arbeiten, immer wieder eine gewisse Star Trek-Müdigkeit erkennen lassen. Wie Billingsley geht Berman gegenüber dem in Großbritannien erscheinende Star Trek: Magazine von einer Übersättigung des Publikums mit Star Trek aus und verweist auf die relativ hohen Produktionskosten der Serie. Während Braga zusammen mit Bragi F. Schut und anderen den Piloten zur geplanten Scifi-Serie Threshold produzierte, verfolgt Berman neben noch nicht weiter konkretisierten Projekten die Produktion des elften Star Trek-Films. In zwei bis drei Jahren soll es soweit sein. Und Bermans Hinweis, an einem "neuen, frischen Spielfilm mit völlig anderen Perspektiven" zu arbeiten, kann als indirekte Absage an Picard-Darsteller Patrick Stewart wie Scott Bakula gewertet werden, die beide das Interesse ihrer Crews angemeldet hatten.

Manny Coto, der vor Jahresfrist zur Nummer drei im Produzententeam aufgestiegen war und die vierte Staffel maßgeblich geprägt hat, nimmt im Interview mit dem angloamerikanischen Magazin TV Zone eine dritte Position im Streit um die letzte Enterprise-Folge ein. Für ihn rühren die negativen Reaktionen auf These Are the Voyages... daher, dass "einige Leute die Episode einfach nur für sich genommen betrachten anstatt sie in den Kontext der gesamten Staffel zu stellen. Auf eigenartige Weise ist das Finale eine Episode, die aus der Staffel heraus fällt." Mit dem Auftreten von Riker und Troi sei es vielmehr ein "Abschiedsgruß an Star Trek".

Auch Coto kann der Berman/Braga-Folge durchaus etwas abgewinnen, hält ihre Story sogar für sehr bewegend. "Das Großartige an ihr ist, dass sie der Enterprise eine prominente Position zukommen lässt. Dass Riker und Deanna Archers Missionen aus der Vergangenheit studieren, sagt uns, dass er und seine Crew eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Föderation und in der Star Trek-Geschichte einnehmen." Aus der Entwicklung der vierten Staffel heraus sind für Coto jedoch die Fortsetzungsfolgen Demons und Terra Prime das eigentliche Finale der Serie.

Auf dem Set von 'These Are the Voyages...': Admiral Manny Coto.
Auf dem Set von These Are the Voyages...: Admiral Manny Coto.
Im Gespräch mit David Bassom für das Star Trek: Magazine spitzt Coto zu, dass die Serie ausgerechnet dort endet, wo die Grasswurzeln für eine Vereinigte Föderation der Planeten gerade ausgesät worden sind. "Wenn wir eine fünfte Staffel bekommen hätten, wären wir zum eigentlichen Kern, dem Gründungsprozess der Föderation gekommen. Ich hätte das mit einer Rückkehr zum Forschungsthema der Serie verbunden. Wir wären auf weitere künftige Mitglieder gestoßen und wir hätten in einer Reihe von Episoden über die gesamte Staffel verteilt beobachten können wie alles zueinander kommt."

Den Grund für die schlechten Einschaltquoten in den USA sieht Coto im Grundkonzept von Star Trek, dass sich in den 18 Jahren seit TNG nicht verändert habe: Ein Capitain und seine Crew in vergleichbaren Zusammensetzungen und Interaktionen. "Wenn etwas Frischeres versucht wird, wie mit der neuen Battlestar Galactica, kehrt das Interesse zum einschalten zurück. Das zeigt, was sonst noch möglich ist."

Auf dem Hintergrund dieses Hollywoodtrends auf eine Neubearbeitung der Originalserie befragt, räumt Coto zwar ein, dass er sich das als spaßig vorstellen könnte. "Doch damit würden wir uns einige Möglichkeiten verbauen", wiegelt Coto ab, der in der vierten ENT-Staffel auf einige Anknüpfungspunkte zu Kirk und Co gesetzt hatte. Dagegen überrascht er mit dem Vorschlag, die nächste Star Trek-Serie ins 25. Jahrhundert zu verlegen. In einer auf seiner offiziellen Homepage wiedergegebenen Verlautbarung hält Coto die Rückkehr und Fortschreibung von Gene Roddenberrys SF-Erzählung in die "Post-Picard-Ära" in zwei bis drei Jahren für realistisch und versichert, dass er "nichts mehr lieben würde als ein Teil davon zu sein." Gewisse Überschneidungen mit Bermans Kinoplänen sind hier wohl kaum von der Hand zu weisen. (w.)

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